Frühe Zeichnungen


Realistische Zeichnungen fertigt Emil Kritzky bereits mit 15 Jahren während des Unterrichts bei dem Hamburger Maler und Architekten Karl Stuhlmann an, darunter die Hamburger Katharinenkirche und das Hamburger Abbruchviertel.





Frühe Landschaften


Mitte der 20er und Anfang der 30er Jahre ist eine Entwicklung zu expressiven Darstellungen deutlich. Kritzky löst sich von der Wiedergabe der äußeren Erscheinung zugunsten einer Gestaltung subjektiv empfundener, innerer Erlebnisse, er erzielt einen gesteigerten Ausdruck durch bildnerische Mittel wie einer starken Farbigkeit, einer sicheren, zügigen aber reduzierten Linienführung oder einer starken Kontrastierung der Flächen.
Diese Bilder führten zur Diffamierung durch das NS-Regime, sie gehörten zur Rubrik „entartete Kunst“, und es erfolgte Ausstellungsverbot.

Das Bild ist Reflektiion des Alltäglichen, der subjektiven Wirklichkeit, so bleibt es zunächst beim Abbild, wenn das Sichtbare im Vordergrund steht. Das Bild geht weit darüber hinaus, wenn es Aspekte einbezieht, die rational nicht abrufbar sind. Kunst kann verborgene Bereiche sichtbar machen, die oberflächlich nicht sichtbar und benennbar sind, die sich der Alltagssprache entziehen.







Aus der Serie Traum


Mit Traum betitelt Emil Kritzky in seinem Spätwerk immer wieder Arbeiten. Diesem Zyklus sind aber auch etliche Werke ohne Titel zuzuordnen. Zu den signifikanten Zeichen im Bild gehören der halb geöffnete Vorhang, der vielleicht noch einige Geheimnisse des Traums verbirgt, der Mond, der Stern, ein oder mehrere träumende Gesichter, hinzu kommen diverse Details, die der Traum vielleicht beinhaltet. Das durchscheinende Aquarell oder das Pastell auf Japanpapier oder Vlies sind die häufigsten Techniken, die Kritzky für diese Thematik verwendet. Dunkle Linien von schwarzer Tusche oder die Linien der Monotypie konturieren die Zeichnung, durch das Aquarell oder Pastell wird die Zartheit und Zerbrechlichkeit, die Unfassbarkeit des Traums unterstrichen. Von den Bildern geht eine geheime Wirkung, ein Zauber aus. Sei es ein besonderer Klang der Farben, eine vollkommene, absolute Linie, oder ein auf das Äußerste reduziertes Bild. Alle diese Arbeiten strahlen eine sich der Alltagssprache entziehende Poesie aus.





Konstruktives


In der Reflektion auf die eigenen Bilder schreibt Emil Kritzky in den Briefen aus Marokko „Der Verzicht auf Gegenstand ist nicht Negation, sondern Konzentration auf Gültiges“ und weiter „Ein Bild sagt etwas aus, etwas ganz Spezielles. Es wird Bild, wenn damit etwas gesagt wird, was mehr ist, was einen Bezug hat zu unserem Sein. Insofern ist auch das gegenstandslose Bild letzten Endes nicht gegenstandslos. Der Gegenstand, der gemeint ist, bezieht sich nicht auf Gesehenes, sondern auf Leben und Erleben im Abstraktum.“














Aus der Serie "Zirkus"






Hommage à Villa R (Paul Klee)


Die Entstehung der Reihe „Hommage à Villa „R“ geht zurück auf einen Ausstellungsbesuch und der anschließenden Auseinandersetzung mit dem Bild „Villa R“ von Paul Klee. Ist zunächst noch die aus Rechteck und Dreieck zusammengesetzte Villa Mittelpunkt des Bildes, als Symbol für ein geschütztes Zuhause (Titel wie: „ Paulchens Gartenhaus“ oder „das Blumenhaus von Paul“), verlagert sich der Schwerpunkt der Thematik und der Akt steht im Vordergrund. Die ersten Arbeiten entstehen in Mischtechnik auf braunem Vlies. Weitere Bilder sind Pastelle auf Vlies oder auf Bimssteingrund, Ölpastelle oder das Ölbild „Salve“. Hier wird dann schließlich auch durch den Titel die Gewichtung der Aussage unterstrichen.








Mythologie


Texte der griechischen Mythologie regten Emil Kritzky immer wieder zur Bildgestaltung an.

So der Mythos um Daphne und Apoll. Die Metamorphose der Daphne zum Baum wird in Zeichnung, Lithographie und Gemälde immer wieder thematisiert..

Dazu ein Zitat aus Fink, Gerhard:Ovid Metamorphosen, Düsseldorf, Albatros Verlag 2005:

„Doch der junge Gott (Apoll) erträgt es nicht mehr, seine süßen Worte zu vergeuden. Von Amor selbst getrieben, folgt er ihrer (Daphnes) Spur mit beflügelten Schritten …
Aber, von Amor beflügelt, ist der Verfolger geschwinder, gönnt der Flüchtenden keine Rast und ist ihr hart auf den Fersen. Sein keuchender Atem erreicht ihr wirres Haar, ihren Nacken. Schon schwinden ihre Kräfte, sie erblasst, erschöpft vom eiligen Lauf – da erblickt sie die Wasser des Peneios.
„Vater“, ruft sie, „rette mich, wenn ihr Flüsse göttliche Macht habt, oder nimm durch eine Verwandlung die Schönheit von mir, durch die ich zu sehr gefiel!“ Kaum ist die Bitte ausgesprochen, als ihr die Glieder schwer werden und erstarren. Ihren zarten Busen umschließt weiche Rinde, in Blätter verwandelt sich ihr Haar, in Äste die Arme. Ihr Fuß, eben noch so flüchtig, stockt, von zähen Wurzeln gehalten. Ein Wipfel verbirgt ihr Gesicht. Nichts bleibt zurück als die glänzende Schönheit. So auch liebt sie Apollo, und als er die rechte Hand an den Stamm legt, fühlt er noch unter der frischen Rinde das Herz schlagen.
Er umschlingt mit seinen Armen die Zweige, als ob er Daphne selbst an seine Brust drückte, und bedeckt das Holz mit Küssen – doch selbst das Holz weicht vor den Küssen zurück. Da ruft der Gott:“Kannst du auch nicht meine Gattin werden, so sollst zu zumindest mein heiliger Baum sein! Ewig wirst du, mein Lorbeer, mein Haar, meine Leier, meinen Köcher bekränzen!...“



Ebenso greift er den Mythos um Orpheus und Eurydike auf. Dazu schreibt er:

„Orpheus schaute sich um und verlor auf ewig die geliebte Frau. Er schaute sich um, weil er zweifelte. Ob es wirklich die Frau war, die er liebte? Vielleicht zweifelte er auch, ob sie ihn liebte. Zweifelte er damit nicht auch an seiner eigenen Liebe?
Sind wir nicht immer wieder in dieser Unterwelt, wenn wir in den Armen des Liebenden für diese alltägliche Welt gestorben sind? Jedesmal versuchen wir uns umzuschauen, weil wir nicht glauben können, dass Liebe so unendlich groß ist. Immer wieder machen wir uns ein Bild, ein Lied, um es ewig zu erhalten. Nur Eurydike lächelt erstaunt, denn sie ist auf ewig dort, wohin er ihr hätte folgen sollen. - Jenseits des Flusses, wo auch der Alltag ALL-TAG ist.
Oh, Eurydike fürchte dich nicht, heute weiß Orpheus, dass er verfehlte. Dass es falsch war, dich aus der „Unterwelt“ zurückzuholen. Wenn du ihn jetzt wieder in den Armen hältst, weiß er, dass dort die Wirklichkeit wohnt. Und dort der gemeinsame Ort ist.“



Die Bergnymphe Echo hatte im Auftrag von Zeus dessen Gattin Hera mit Geschichten abgelenkt, damit er sich seinen amourösen Abenteuern widmen konnte. Als Hera die Intrige durchschaute, strafte sie Echo mit Sprachlosigkeit, ihr blieb lediglich die Fähigkeit, die letzten an sie gerichteten Worte zu wiederholen.

So entwickelte sich das Drama zwischen dem wunderschönen Jüngling Narziss und der Nymphe Echo. Narziss, von Frauen und Männern gleichermaßen begehrt, wies alle ab, so auch die Nymphe Echo. Sie konnte aufgrund ihrer Sprachlosigkeit ihm ihre Liebe nicht gestehen, folgte ihm aber heimlich und wurde schließlich unerkannt von Narziss angesprochen. Zwangsläufig ergab sich ein absurdes Gespräch. Als Echo sich schließlich als Nymphe zu erkennen gab, verschmähte Narziss grausam ihre Umarmung. Sie zog sich in die Berge zurück, verzehrte sich, bis kein Körper mehr war, und nur der Schall bliebt.

Narziss wurde mit unstillbarer Selbstliebe bestraft. Auf der Suche nach sich selbst, verliebte er sich an einer Wasserquelle in sein Spiegelbild. Als er schließlich erkannte, dass diese Liebe keine Erfüllung finden kann, stürzte er sich in die Quelle und ertrank.





Engel


Engeldarstellungen bei Emil Kritzky haben wenig gemein mit den Engelerscheinungen des Christentums. Häufig finden sich in den Bildern Kritzkys der große Fuß, er symbolisiert die Bodenhaftung. Aus dem Fuß gehen Hand oder Pfeil hervor und weisen nach oben, Symbol für all das, was außerhalb des Greifbaren und Begreifbaren liegt. So verbindet der Engel das Faktische und das, was unsere fünf Sinne nicht wahrnehmen, was aber den Künstler drängt, sein Bild zu malen. „Nicht das sichtbar dargestellte ist das Bild, nicht die Technik oder der Stil. Nur das ursprüngliche Erleben und die dadurch entstandene Verwandlung des Malers teilt sich uns mittels Bild mit. Es entstand etwas Neues.“ (Kritzky)














Zeitkritisches


Emil Kritzky war zeit seines Lebens immer auch ein politisch engagierter Mensch, ohne die Politik zum Zentrum seines Lebens zu machen. Aber er lebte in seiner Zeit und wurde von ihr geprägt. In manchen seiner Bilder wird diese Auseinandersetzung deutlich. So zum Beispiel in der großen Reihe der „Friedensbilder“ aus den 60er Jahren. Dazu gehört auch die Arbeit “seid nett zueinander” einem Augstein-Zitat aus dem Spiegel. Damit dokumentiert Kritzky die Studentenunruhen der 68er Jahre und übersetzt seine Medienkritik in Bild. Das Zeitgeschehen reflektiert er aber auch in der 1969 entstandenen Bleistiftzeichnung “Alles wird Bild”. Angefangen mit der ersten Mondlandung bis hin zu den eigenen Pinseln mit Palette werden die Dinge des “Alltags” Bild.











Stillleben


Die Landschaftsmalerei und das Stillleben haben eine lange Tradition in der Kunstgeschichte. Auch Emil Kritzky (1903-1988) greift in seinem umfangreichen Gesamtwerk auf diese Gattungen zurück. Im 20. Jahrhundert gab es jedoch keine Künstlergruppe oder eine spezielle Schule, die einen allgemeinverbindlichen, verpflichtenden Stil für die Landschafts- und Stilllebenmalerei prägten. So ist auch für Emil Kritzky das Landschaftsbild Resultat und Ausdruck einer landschaftlichen Empfindung. Das Stillleben ist nicht mehr an festgelegte allegorische Darstellungen gebunden, das Kompositionsschema bietet Kritzky Anlass zu flächenwirksamen Form- und Farbvariationen. Eine Vielfalt an Kompositionen und Techniken sind in ca. 40 Arbeiten im Haus Hünenburg vom 13.1. bis 12.4.2013 zu sehen.