Fünfte Ausstellung mit Kritzky Arbeiten in der Hünenburg

Eröffnung der Ausstellung

Emil Kritzky "Menschenbilder"


Bilder und Zeichnungen aus dem Archiv der Stadt Achim

05. Januar 2014, um 11.00 Uhr im Haus Hünenburg in Achim

Es sprechen:
Begrüssung: Thorsten Springer, Haus Hünenburg
Grussworte: Uwe Kellner, Bürgermeister der Stadt Achim
Einführung: Johanna Schmidt, KuK Weener

Öffnungszeiten:
immer geöffnet am ersten Sonntag im Monat 14 bis 17 Uhr

Haus Hünenburg
Schwedenschanze 39
28832 Achim
www.huenenburg.de

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Sehr geehrte Damen und Herren,

im fünften Jahr in Folge findet zum Jahresbeginn eine Ausstellung mit Arbeiten von Emil Kritzky hier in der Hünenburg statt. Aus dem sehr umfangreichen Nachlass, der immer noch im Keller der Stadt Achim lagert, durfte ich zum Thema Menschenbilder eine spannungsreiche Werkschau zusammenstellen.

Die Darstellung des Menschen ist seit Jahrhunderten ein wesentliches Thema in der bildenden Kunst. Die Menschenbilder Kritzkys reichen vom Selbstporträt über sozialkritische Darstellungen, Menschenbildern im Spannungsfeld zur Gesellschaft bis hin zu Reflexionen über Tod und Vergänglichkeit. Auch Technik und Form weisen wieder die Kritzky eigene Vielfalt auf, angefangen bei der abbildhaften Kreidezeichnung bis hin zu unkonventionellen Mischtechniken und zur Auflösung der Figur.

Dem Einzelnen erscheint das eigene Menschenbild oft selbstverständlich, so dass man sich kaum vorstellen kann, dass ein Gegenüber ein völlig anderes Menschenbild entwickelt hat. Nicht so bei Emil Kritzky. Die Suche nach dem Ich und die Frage was macht den Menschen aus, waren für Kritzky ein durchgehendes Thema in seinem Schaffen. So ist es naheliegend, dass Kritzky über zahlreiche künstlerische Ausdrucksmittel das menschliche Sein und sich Selbst zu begreifen sucht oder auch in Frage stellt.

So notiert Kritzky zu einem mit Feder gezeichneten Selbstporträt: „So ungefähr sehe ich mich, die Fotos sind alle falsch. Sie zeigen nur wie ein anderer mich sieht.“ Und weiter: „Ich drehte mich um und stand greifbar nahe einem gegenüber. Vollkommen unvorbereitet. Dass es ein Spiegelbild war erklärte den Schock nicht. Hier stand also plötzlich zweimal ein ICH. Plötzlich wurde mir körperlich bewusst, fühlbar, dass das, was wir von dem Lebewesen wahrnehmen, das wir verkörpern, das, was die dazugehörigen Sinne registrieren, ein dreidimensionaler Körper ist, aber nicht Ich. Unmerklich kam der Gedanke, ob es das ist, was die anderen von mir wahrnehmen und sich daraus ein Bild von mir machen? Dieser Gedanke war erschreckend.“

Auch Vincent van Gogh setzt sich mit dieser Thematik auseinander, er schrieb seiner Schwester Willemien: „Ich finde Fotografien immer abscheulich, und ich mag keine haben, vor allem nicht von Leuten die ich kenne und liebe. Zunächst sind diese Porträts schneller verblasst als wir selbst, zudem ist ein gemaltes Porträt etwas Gefühlshaltiges, das mit Liebe und Achtung vor dem dargestellten Wesen gemacht ist.“

Viele Bilder dieser Ausstellung haben von Emil Kritzky keinen Titel bekommen. So stehen wir ausschließlich dem gemalten Bild gegenüber. Vielleicht ist das ja so wie bei einer Weinprobe ohne Etiketten. Es ist eine Herausforderung an uns Betrachter, wir müssen auf die Brücke des Titels verzichten, aber auch auf die Vorurteile, die ein Titel auslösen könnte. Wir haben das Bild pur vor uns und sind auf uns zurückgeworfen.

Der Künstler möchte mit seinen Bildern die Welt, sein Menschenbild beschreiben, er kann das nur durch sein subjektives Empfinden tun. Die Welt erschließt sich ihm nur durch sein eigenes Sein in der Welt. Der Betrachter macht auf seine Weise ebenfalls seine subjektiven, ganz eigenen Erfahrungen mit den Bildern. Er erlebt die Bilder und interpretiert sie durch seine Persönlichkeit.

Schon hier im Eingangsbereich haben wir sehr unterschiedliche Porträtzeichnungen, da ist zunächst die sehr frühe klassische abbildhafte Kohlezeichnung mit Weißhöhungen, es ist die einzige Arbeit in diesem klassischen Stil. Die Bilder rechts und links vom Kamin sind lineare Arbeiten mit Feder, Kreide oder Rötel und das Ergebnis einer intensiven Reflektion oder auch Meditation über einige wenige aus der Realität ausgewählten Elemente. Sie geben so wie Paul Klee es ausdrückt nicht nur Gesehenes mehr oder weniger temperamentvoll wieder, sondern machen geheim Erschautes sichtbar. Das führt dann dazu, wieder mit Paul Klee gesprochen:

„Während der Künstler noch ganz Bestreben ist, die formalen Elemente zu gruppieren, dass jedes an seinem Platz notwendig ist und keines dem anderen Abbruch tut, spricht irgendein Laie von hinten zuschauend, schon die verheerenden Worte: der Onkel ist aber noch sehr unähnlich! Der Maler denkt sich, wenn er disziplinierte Nerven hat: Onkel hin, Onkel her! Ich muss nun weiterbauen. … Der Künstler misst der natürlichen Erscheinungsform nicht die zwingende Bedeutung bei, wie viele der Kritik übenden Realisten. … Je tiefer er schaut, desto mehr prägt sich ihm an der Stelle eines fertigen Naturbildes das allein wesentliche Bild ein.“

Das Wesentliche eines Menschen oder einer gesellschaftlichen Situation widerzugeben hat auch Kritzky vermocht. So hier in den linearen Zeichnungen aber auch in den beiden folgenden Räumen wenn er die Musikanten immer wieder neu darstellt oder das etwas fragwürdige Fest, die Heimkehr oder die Frage. Stets gelingt es das Wesentliche, das Eigentliche oder auch Hintergründige zu erfassen.

Im fünften Jahr haben wir jetzt immer wieder Einzelstücke aus dem Achimer Kellerschatz gehoben und so einem interessierten Publikum zugänglich gemacht. Zu Beginn der Ausstellungsreihe hier in der Hünenburg hieß es „Das Werk Kritzkys soll von Achim aus über Paris bis nach New York bekannt werden, in Paris sind wir noch nicht ganz, der Schatz im Keller ist noch lange nicht gehoben, es gibt noch viel zu tun, es gibt noch viel zu entdecken! So sehen wir auf die kommenden fünf Jahre und freuen uns dann vielleicht über ein Kritzkymuseum als kulturellen Schatz der Stadt Achim.

Ihnen wünsche ich jetzt in dieser Ausstellung eine vielseitige Entdeckungsreise.