15.01 - 05.05.2012 Reflektionen in der Hünenburg in Achim

Johanna Schmidt
Am Sonntag, 15. Januar 2012 um 11.30 Uhr wurde die dritte Ausstellung mit Arbeiten des Hamburger Künstlers Emil Kritzky (1903-1988) im Haus Hünenburg in Kooperation mit der Stadt Achim eröffnet. Die Ausstellung wurde ermöglicht durch die Unterstützung der Stadtwerke Achim.

In den Schriften Kritzkys finden sich zu allen Zeiten immer wieder Abhandlungen über das „Warum“ des Bildermachens und die Aussagen der Bilder. So schreibt er in seinen Briefen aus Marokko: „Ein Bild sagt etwas aus, etwas ganz Spezielles. Es wird Bild, wenn damit etwas gesagt wird, was mehr ist, was einen Bezug hat zu unserem Sein. Insofern ist auch das gegenstandslose Bild letzten Endes nicht gegenstandslos. Der Gegenstand, der gemeint ist, bezieht sich nicht auf Gesehenes, sondern auf Leben und Erleben im Abstraktum.“ Und in einem anderen Zusammenhang beschreibt er Ausstellungen als Rechenschaftsberichte über das eigene Tun und Reflexion des eigenen Standpunktes. Ausstellungen fordern uns heraus, das Bild, das sich der Künstler von der Welt macht, als Mitteilung zu begreifen. Ähnliche Gedanken finden sich weitaus früher in der Literaturgeschichte. So findet sich bei Hölderlin die Bemerkung, dass die Aufgabe des Dichters in einer Umwandlung der Welt in das Wort besteht. Dichtung ist für ihn eine Besitzergreifung der Wirklichkeit.
Übertragen auf die bildende Kunst würde es heißen, die Aufgabe des Künstlers ist die Umwandlung der Welt in Bild. Oder mit Kritzkys Worten: „Stets ist das Bild Reflexion unserer Umwelt, ob das Abbild gezeigt wird, das Erleben, das Symbol oder das Gesetz.“

Zu sehen sind Arbeiten aus unterschiedlichen Themenbereichen, die auch in Serien die jeweilige Wirklichkeit in immer neuen „reflektionen“ spiegeln. So geht es um das Thema Balance, Kritzky nähert sich dieser Thematik mit den Zirkusbildern und den Akrobaten. In einem weiteren Zyklus geht es um die Auseinandersetzung mit der „Begegnung“, dem „Miteinander“ oder „Geben und Nehmen“. Auch das klassische Genre Akt zieht sich durch das Gesamtschaffen Kritzkys es sind widerkehrende „reflektionen“ des ICH, DU und WIR der subjektiven erlebten Wirklichkeit, die zur gespiegelten Bildwirklichkeit wird.

„Jedes Bild ist ein ICH und WIR zugleich. Kein wirkliches Bild gleicht dem Gespiegelten. Aber es spiegelt das Wahre, das ICH in tausendfacher Form. Es ist das, was auf dem Weg entsteht, auf dem gemeinsamen. Denn das Spektrum ist unmissverständlich. Jede Farbe trifft das Herz. Jede Form, jeder Strich sagt: ´Das bin ich.` Durch das Bild erkennen wir uns. Es ist eins mit uns.“

16.01 - 07.05.2011 Poesie in Farben in der Hünenburg in Achim

von Bernd Hägermann, erschienen im Achimer Kreisblatt am 18.01.2011
(häg). Emil Kritzky kommt zu Ehren. Zwar erst spät nach seinem Tod Ende der 1980er Jahre und auf überschaubarer regionaler Kunstplattform, aber allemal verdient. Bereits im vergangenen Jahr wurde ein kleiner Teil seines Schaffens, das immerhin siebzig Jahre dauerte, im Haus Hünenburg gezeigt. Am Sonntag gab es eine Fortsetzung dieser als Ausstellungsreihe konzipierten Werkschau unter dem Thema „Poesie in Farben – Mythen, Träume, Klänge“. Sehr viele Kunstinteressierte waren zur Vernissage gekommen, um 42 Bilder eines Künstlers zu sehen, dessen kompletter Nachlass im Achimer Rathaus lagert und unbedingt eine größere Öffentlichkeit verdient. Das Interesse wecken möchten vor allen Hannelore Frerker, Schülerin Kritzkys und Erbin seines künstlerischen Nachlasses, sowie Johanna Schmidt, die die Hünenburg-Ausstellung kuratierte und ansonsten für das ostfriesische Kunst- und Kulturforum Weener arbeitet. Das Unterfangen der beiden Frauen ist gleichermaßen schwierig wie lohnend.

Emil Kritzky war nicht nur ein Mann des bildlichen Ausdrucks, sondern als Schreiber auch des Wortes. Allerdings nicht, wenn es um seine eigenen Arbeiten ging. Er glaubte, es würde reichen, seine Bilder wirken zu lassen. Das ist eine honorige und sympathische Einstellung. Einer Karriere förderlich war sie nicht. Jetzt referieren andere über Kritzky-Bilder. Im besten Fall Kundige wie Johanna Schmidt bei der Ausstellungseröffnung.
Schmidt sprach bei den Bildern von Emil Kritzky von einer geheimen Wirkung, die einen besonderen Zauber entfalte, vom Klang der Farben, von vollkommener absoluter Linie oder äußersten Reduktion: „Alle diese Arbeiten strahlen eine sich der Alltagssprache entziehende Poesie aus“, sagte die Kuratorin, die gemeinsam mit Hannelore Frerker eine Bildauswahl traf, die geprägt ist von von einer seriellen Homogenität, in der das einzelne Bild qualitativ besteht, die Wirkung aber noch gesteigert wird durch direkte Vergleiche oder thematischen Entsprechungen.
Träume, die enträtselten oder die sich der Ratio entziehen, waren in den letzten Lebensjahren das Hauptthema des Künstlers. Dafür nutzte er Tusche, Pastell oder Aquarell, aber auch Öl. In seinen konstruktiven Arbeiten spiele Kritzky mit der „Poesie der Farben“, so Johanna Schmidt, die in diesem Zusammenhang den Künstler zitierte: „In den Bildern finden wir - unmerklich fast – trotz der Strenge der Komposition, trotz Maß und Ordnung, immer ein poetisches Erzählen.“ Was auf seine eigenen Bilder zutrifft, beschreibt trefflich auch die Bilder seiner Schülerin Hannelore Frerker, die dem Werk ihres künstlerischen Mentors augenscheinlich ganz nah ist. Gleichzeitig spürt sie aber auch den Druck der Verantwortung.

Doch mit den Ausstellungen in der Hünenburg scheint ein erster Schritt getan, Kritzky bekannter zu machen. Eine umfangreiche Ausstellung wird noch in diesem Jahr in Papenburg zu sehen sein. Und Fritz Senf, im Verein Haus Hünenburg verantwortlich für kulturelle Veranstaltungen, verriet bei der Begrüßung der Gäste: „Eine Ausstellung im Schloss Celle ist sehr wahrscheinlich.“

03.01 - 30.04.2010 Vom Abbild zum Sinnbild

von Alexander Klay, erschienen im Weser-Kurier am 04.01.2010 (online Ausgabe hier)


Achim-Baden. 'Erst Achim, Celle und dann Paris und New York' meint Bürgermeister Uwe Kellner, wenn er über den Schatz spricht, der bis gestern im Rathaus-Keller lagerte. Die Rede ist von mehr als 2000 Bildern von Emil Kritzky. Zunächst soll das umfangreiche Erbe des Malers vor Ort präsentiert werden. Und dann könnte das sehenswerte Lebenswerk vielleicht den Sprung in die großen Galerien schaffen. 'Ziele muss man haben', schmunzelt der Verwaltungschef.



Vorerst werden die Bilder im Haus Hünenburg am Badener Weserhang wieder das Licht der Welt erblicken - und zwar für die nächsten fünf Jahre. Jeweils nach dem Jahreswechsel sollen Kritzky-Themenausstellungen stattfinden. Gestern der Auftakt: Kritzky-Schülerin Hannelore Frerker, Johanna Schmidt und Fritz Senf vom Vorstand des Vereins Haus Hünenburg eröffneten am Vormittag die erste Bilderschau. Unter dem Motto 'Vom Abbild zum Sinnbild' sind die Werke von Emil Kritzky bis Ende April zu sehen. Die Ausstellung ist jeweils am ersten Sonntag des Monats von 14 bis 18 Uhr zu sehen.

Seit Kritzkys Tod im Jahr 1988 lagern seine Werke im Archiv der Stadt Achim, als Dauerleihgabe von Hannelore Frerker. Lange Jahre ist nichts mit den Bildern passiert, bis Wiltrud Ysker, Kirsten Jäger und Bürgermeister Uwe Kellner überlegten, was mit den Bilder geschehen soll. Zwei Möglichkeiten standen für die Stadtverwaltung zur Wahl: 'Weggeben oder katalogisieren', so Kellner. 'Für uns war der richtige Weg klar, wir haben uns für das Katalogisieren entschieden.' Nicht zuletzt, weil er selbst den Maler sehr schätzt: Drei Bilder hängen in seinem Dienstzimmer. 'Der Hintergrund zu den Bildern ist mindestens genau so spannend, wie die Bilder selber', sagt Kellner.

Schließlich ist das Werk Emil Kritzkys so umfangreich und gut erhalten, wie von kaum einem anderen Künstler. Erste Bilder entstanden bereits zur Schulzeit aus dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, die letzten im Jahr 1988. 'Er ist aufgewachsen in einer Zeit mit gravierenden Darstellungsänderungen in der Kunst', weiß Johanna Schmidt zu berichten. 'In den 70 Jahren künstlerischen Schaffens nutzte Kritzky eine Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten.'

So sind etwa expressive Bilder aus den 30er-Jahren zu sehen, als in Deutschland das NS-Regime herrschte. 'Die Bilder galten als entartet und Kritzky bekam ein Ausstellungsverbot', berichtet Schmidt. Das hinderte den gebürtigen Hamburger aber nicht daran, sich weiterhin kritisch mit seiner Umgebung auseinander zu setzen. 'Lobe das Bild - wie könnten wir sonst sagen, was wir nicht sagen können', schrieb Emil Kritzky auf ein Werk.

Unter all den Bildern, die bunten Farbwelten oder auch dem monotonen Kreidestift entspringen, fällt unter anderem ein Selbstportrait aus dem Jahr 1930 ganz besonders ins Blickfeld: 'Ich - etwas erkältet', heißt das Bildnis mit roter Nase. Bei anderen Exponaten sollte man sehr nah herangehen, um feinste Details zu erkennen oder auch mit gehörigem Abstand schauen, um einen Gesamteindruck vom großen Ganzen zu bekommen.

Da fragt sich nur, warum Emil Kritzky nicht schon zu Lebzeiten großerer Ruhm zu Teil geworden war. 'Kritzky war kein Mann des Marketings, die Qualität seiner Bilder hätte viel mehr Bekanntheit ermöglicht', kommentiert Fritz Senf vom Haus Hünenburg. 'Jetzt wollen wir das mit den jährlichen Ausstellungen nachholen.' Kritzky liefere ein großes Potential, das sich zu entwickeln lohne.

Neben den fünf Bilderschauen zum Jahresbeginn ist für nächstes Jahr ein Extra geplant: Eine Woche lang sollen Werke von Kritzkys Schülern und Nachfahren zu sehen sein. Den Start zur Kritzky-Reihe im Haus Hünenburg hat die Stiftung der Kreissparkasse unterstützt: Sie stellte die Bilderrahmen für die Schau zur Verfügung. Für die weitere Katalogisierung des Archivs im Rathauskeller hoffen Hannelore Frerker und Johanna Schmidt nun auf mögliche Sponsoren, die ihre Arbeit fördern. Außerdem hat Fritz Senf schon weitere Kontakte geknüpft: Bald soll es eine Ausstellung in Celle geben: Dort starb Emil Kritzky vor 22 Jahren.